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ff-Löcher

Abgesehen von der ästhetischen Anmutung der ff-Löcher, die der Geige sehr stark ihren individuellen Gesichtsausdruck geben, habe die ff-Löcher eine wesentliche (dreifache) akustische Funktion:

1. Sie sind die Schall-Löcher des akustischen Systems und ermöglichen damit die Ausbildung einer Helmholtzresonanz. Bei dieser handelt es sich um die tiefste wirksame Resonanz der Geige. Die Helmholtzresonanz erlaubt es dem Instrument, die Grundtöne im Bereich der G-Saite wirksam abzustrahlen. Es ist eine Resonanz, deren Pegel besonders für die empfundene „Wärme“ des Klanges verantwortlich ist. Ist der Pegel dieser Resonanz zu schwach ausgeprägt, klingt das Instrument flach. Je größer die f-Löcher sind, desto weiter wird die Frequenz der Helmholtzresonanz nach oben verschoben. Üblicherweise liegt ihre Resonanzfrequenz im Bereich zwischen 260 und 280 Hz und damit im Bereich c1…#c1.

2. Der Abstand der F-Löcher voneinander bestimmt die Ausmaße der im Bereich des Steges liegende Deckenzunge. Vor allem der Abstand der oberen Augen bestimmt maßgeblich die Querbeweglichkeit des durch die tänzelnden Stegbewegungen erregbaren Deckenbereiches. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Pegel der Resonanzen im Brillanzbereich (zwischen 2.000 und 3.500 kHz) empfindlich auf den gewählten Abstand der f-Löcher reagieren.

3. Einzelne Bereiche der ff-Löcher, wie etwa deren relativ frei und amplitudenstark schwingende Klappen nehmen großen Einfluss auf einzelne markante Resonanzspitzen im Resonanzprofil des Instrumentes. Dies ist vor allem im Frequenzbereich des Nasalbereiches (um 1.000 bis 1.500 Hz) der Fall. Größe, Masse und Steifigkeit der f-Klappen sind somit ein empfindliches Element der Klangeinstellung.

Die beiden nachfolgenden Abbildungen zeigen zwei wesentliche Maße der ff-Löcher, wie wir sie an 112 Geigen des Cremoneser Meisters Antonio Stradivari gemessen haben, und zwar (A) Abstand zwischen den beiden oberen ff-Loch-Augen und (B) den Abstand zwischen den beiden ff-Loch-Schäften, gemessen an der Mensur.

Aufgetragen ist auf der X-Achse das Erbauungsjahr der Geige, auf der Y-Achse das jeweilige Maß in Millimetern.

Diagramm A: Abstand zwischen den beiden oberen ff-Loch-Augen:

Diagramm B: Abstand zwischen den ff-Loch-Schäften (in mm). Gemessen auf Höhe der Mensur:

Ein erstaunliches Ergebnis dieser statistischen Analyse sind die starken Schwankungen der klanglich wesentlichen Konstruktionsmaße. Der Abstand der beiden oberen ff-Loch-Augen liegt zwischen 33 mm und 44.5 mm, wobei der Mittelwert über alle 112 Geigen bei 39.4 mm liegt. Der Abstand der beiden ff-Loch-Schäfte an der Mensur liegt zwischen 66 mm und 77 mm, wobei der Mittelwert hier bei 72.1 mm liegt. Besonders auffällig ist dabei, dass trotz individuell starker Schwankungen über die Schaffenszeit des Meisters eine „gleitende“ Zunahme beider Maße beobachtet werden kann. Die späteren Instrumente weisen im Mittel einen größeren Abstand sowohl der ff-Loch-Augen als auch der ff-Loch-Schäfte auf. Diese Tendenz ist an den Steigungen der Regressionsgeraden beider Datenwolken ablesbar. Es ist anzunehmen, dass diesen Tendenzen innerhalb der Jahrzehnte währenden Schaffenszeit des Meisters auf sich wandelnde klangliche Vorstellungen zurückgeführt werden können.

Warum dennoch derart starke Schwankungen von Instrument zu Instrument zu beobachten sind, könnte in der individuellen Beschaffenheit des verwendeten Deckenholzes liegen – konkret der Tatsache, dass Stradivari bei der für jedes Instrument getroffenen Wahl des ff-Loch-Abstandes auf die vorliegende Quersteifigkeit des verwendeten Holzes eingegangen ist. Denn Quersteifigkeit des Holzes und Abstand der ff-Löcher bestimmen gemeinsam maßgeblich die Pegel des Brillanzbereiches.

Das dritte Diagramm (unten) zeigt den Verhältnisfaktor "F" (blaue Datenpunkte, rechte Achsbeschriftung), welcher angibt, wie sich der Augenabstand "Y" der ff-Löcher zum ff-Loch-Abstand an der Mensur "M" verhält. Dabei gilt: M = Y * F

Es wird deutlich, dass auch hier ein relativ stark schwankendes Maß vorliegt, das heißt: Es kommen an der Mensur weit auseinander liegende ff-Löcher bei engen Augen (hoher Faktor "F") ebenso vor, wie weite Augen bei eng liegenden ff-Löchern (niedriger Faktor "F"). Letzteres führt zu schmaler gewählten ff-Loch-Klappen. Gegen Ende seiner Schaffenszeit wählte Stradivari ein etwas konstanter bleibendes Maß des Verhältnisfaktors "F", das um den Wert 1.8 liegt.

© Martin Schleske, Stockdorf 2012. [Datenquelle: Fotos von Jost Thöne 2010]

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